Perfektionismus: Fluch oder Segen?

Würdest du dich selbst als perfektionistisch bezeichnen? Ich persönlich neige definitiv dazu und umso spannender ist für mich die Frage, ob das nun eine positive Eigenschaft ist oder versuchen sollte ihn loszuwerden.

Typische Anzeichen, dass du auch zu Perfektionismus neigst, sind: Du tust dir schwer damit, Arbeiten zu beenden, weil sie nie perfekt sein können. Du probierst keine neuen Aufgaben, aufgrund der Gefahr dumm auszusehen oder Fehler zu machen. Du verheimlichst Ziele, denn wenn man sie dann nicht erreicht, weiß es wenigstens keiner. Der Grund dafür ist, dass man nach Anerkennung sucht oder Ablehnung vermeiden möchte. Man strebt also danach, unantastbar zu sein.

Der Starinvestor und Gründer von Bridgewater Associates Ray Dalio, schreibt in seinem Buch Principles: Sei ein Imperfektionist. Doch das bedeutet auf keinen Fall, Perfektionismus durch Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit zu ersetzen. Denn Perfektionismus ist in vielen Bereichen, in denen Fehler schwerwiegende Folgen haben, entscheidend. Zum Beispiel erwarten wir von Piloten oder Chirurgen, dass sie ihren Job fehlerfrei ausüben, da dort kleine Fehler dramatische Konsequenzen haben können.

Deshalb ist es wichtig zwischen dem funktionalen und dem dysfunktionalen Perfektionismus zu unterscheiden. Mit dem funktionalen Perfektionismus holt man das Beste aus sich heraus und erledigt Aufgaben gewissenhaft. Beim dysfunktionalen Perfektionismus, sucht man neurotisch nach jedem Staubkorn, wenn man Freunde zu sich nach Hause einlädt. Diese Form wirkt sich definitiv negativ auf den Körper und das Selbstbewusstsein aus.

Behalte also hohe Ansprüche, sie sind essentiell, um herausragend zu werden in dem was man tut. Lass dich aber nicht davon ausbremsen. Probiere trotzdem Neues, denn du musst nicht alles von Beginn an gut können. Schließe auch wichtige Dinge ab, wie eine Abschlussarbeit an der Uni, denn perfekt wird sie nie werden.

Generell müssen wir damit klar kommen, dass nicht alles in jedem Bereich perfekt sein muss. Das Wichtigste ist, entscheiden zu können, wo man wirklich 100 Prozent gibt und lernt, auch mit Fehlern umzugehen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht leicht ist. An der Uni wollte ich in jedem Fach perfekt sein, obwohl es wahrscheinlich besser ist, weniger Zeit in jenen Fächern zu investieren, die dich nicht wirklich interessieren und die gewonnene Zeit nutzt, um in den Fächern weiterzukommen, die dir wichtig sind.

Für einen Perfektionisten wie mich, ist es schwierig, Artikel wie diesen zu schreiben und online zu stellen. Es werden immer kleine Fehler drin sein und man könnte sich immer noch mehr Zeit nehmen, um in verschiedenen Quellen zu recherchieren. Doch man wird mit der Zeit besser darin, das zu akzeptieren und mir ist bewusst, dass ich nie mit dem ersten Artikel angefangen hätte, wenn er komplett perfekt hätte sein müssen. Enorm empfehlenswert ist in dem Bereich die Professorin der University of Houston Brené Brown mit ihrem Buch „Verletzlichkeit macht stark“ und ihrem TED Talk, der über 13 Millionen Aufrufe auf YouTube hat. Sie beschreibt, dass Kritik meist sowieso von jenen kommt, die selbst nichts Neues ausprobieren. Wie bei jedem Profisportler, ist es besser selbst in der Arena zu stehen und dafür kritisiert zu werden, als nur am Seitenrand zu stehen und nichts zu tun.

Es ist also vollkommen ok etwas perfekt machen zu wollen und ehrgeizig zu sein. Wichtig ist nur, trotzdem offen für neue Dinge zu sein, die man noch nicht im Griff hat. Dies ist in allen Lebensbereichen wichtig. Wie in dem Artikel „Der Weg zu einem erfüllenden Job“ beschrieben, gibt es nicht den einen perfekten Job, deshalb sollte man so viel wie möglich ausprobieren und man wird seinen Weg finden. Außerdem sind Fehler wichtig im Lernprozess und wie Winston Churchill schon gesagt hat:

“Es ist ein großer Vorteil im Leben, die Fehler, aus denen man lernen kann, möglichst früh zu begehen.”


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