Unser eigenes Selbstbild

Bereits im Kindesalter beginnen wir, bewusst oder unbewusst, unser Selbstbild zu formen. Wie wir uns selbst sehen wird anfangs hauptsächlich von unseren Eltern geformt. Aussagen wie „Du kannst nie ruhig sitzen“ verankern sich in unserem Unterbewusstsein und wir glauben immer mehr, dass wir sind wie wir sind und daran nichts ändern können. Weiter geht es in der Schule wo wir uns vielleicht selbst einreden „Ich bin nicht gut in Mathe“ oder die Eltern sagen „Das musst du nicht können, das konnte ich als Kind auch schon nicht“. Die Selbstbilder können positiv oder negativ sein, doch wie können wir die limitierenden loswerden?

Die erste und meiner Meinung nach wichtigste Unterscheidung betrifft nicht einzelne, spezifische Selbstbilder, sondern unsere grundsätzliche Einstellung. Man unterscheidet das statische und dynamische Selbstbild. Die Stanford Psychologin Carol Dweck beschreibt in ihrem Buch „Selbstbild“ diese beiden Grundeinstellungen und welchen enormen Einfluss sie auf unser Leben haben.

Bei einem statischen Selbstbild (fixed mindset) geht man davon aus, dass unsere grundsätzlichen Fähigkeiten und Intelligenz fix sind und man sie wenig bis gar nicht verändern kann. Eine typische Aussage dazu wäre „So bin ich, das kann ich einfach nicht“. Wenn man in einem Fach gute Noten hat, redet man sich selbst ein, dass man gut darin ist und wenn man in einem Fach durchfällt, ist natürlich das Gegenteil der Fall. Es zählt nur das Ergebnis und jeder Fehler in einem Bereich bestärkt uns in der Annahme, dass wir das einfach nicht können.

Wie man sich vorstellen kann, ist dieses Mindset enorm hinderlich, um erfolgreich zu werden. Doch trotzdem ist dieses Selbstbild bei vielen Menschen fest verankert. Man glaubt, dass Experten auf einem gewissen Gebiet oder Profisportler genau für die eine Sache gemacht sind und übersehen, wie unglaublich viele Stunden sie investiert haben, um besser zu werden. Selbst ein kompletter Bewegungslegastheniker wäre ein unglaublicher Tennisspieler, wenn er nur ansatzweise so viel trainiert hätte wie Dominic Thiem. Er wäre höchstwahrscheinlich nicht in der Weltspitze, aber darum geht es nicht. Unsere Fähigkeit und unsere Intelligenz sind stark veränderbar und das ist essentiell.

Das bringt uns zum weitaus förderlichen dynamischen Selbstbild (growth mindset). Der enorme Vorteil liegt im Umgang mit Fehlern. Hat man selbst ein statisches Selbstbild, reagiert man auf Fehler häufig mit Hilflosigkeit und beginnt seine eigenen Fähigkeiten zu hinterfragen. Bei einem dynamischen Selbstbild hingegen gehören Fehler im Prozess dazu und können sogar enorm hilfreich sein um zu lernen. Außerdem kann ein Fehler sogar die Motivation und Leistungsbereitschaft erhöhen, da man ungern schlecht in einer gewissen Sache ist. Um diesen Unterschied zwischen statischen und dynamischen Selbstbild wirklich zu verinnerlichen, kann ich das Buch von Carol Dweck einfach nur jedem empfehlen (deshalb ist es auch in meiner persönlichen Top 10). Sie schreibt wie wichtig ein dynamisches Selbstbild in verschiedensten Lebensbereichen ist und bringt dabei Anekdoten, die sich nicht nur auf Sport oder Ausbildung beziehen, sondern auch auf Beziehungen, Erziehung und Beruf.

Das Buch Atomic Habits von James Clear, das ich schon in einigen meiner Kurzartikel erwähnt habe, geht auch auf die Wichtigkeit vom persönlichen Selbstbild ein. James Clear beschreibt wie wichtig es ist, sich selbst als einen gewissen Typ Mensch zu sehen. Wenn wir beispielsweise fitter werden möchten und mit dem Laufen starten, ist nicht nur das Laufen an sich wichtig, sondern wir müssen zu einem Punkt kommen, wo wir uns selbst als Läufer sehen und es zu uns als Person gehört. Dies gilt genauso, wenn man negative Eigenschaften loswerden möchte. Will man beispielsweise mit dem Rauchen aufhören und es bietet uns jemand eine Zigarette an, gibt es einen gewaltigen Unterschied, wie wir damit umgehen. Wenn wir sagen „Nein danke, ich versuche mit dem Rauchen aufzuhören“ ist das nie so effektiv, wie zu sagen „Nein danke, ich bin Nichtraucher“. Bei der ersten Option identifiziert man sich selbst immer noch als Raucher und es wird weitaus schwieriger werden, wirklich aufzuhören.

Das Wichtigste ist also, dass uns bewusst wird, dass wir unser Selbstbild verändern können. Beispielsweise habe ich bis ans Ende der HAK keine Bücher gelesen und nicht verstanden, warum ich lesen sollte, wenn ich auch Fernsehen kann. Heute habe ich bereits unzählige Bücher gelesen und baue mir schon eine feine Sammlung an Büchern auf. Ich habe auch zu Beginn des Studiums gesagt, dass Programmieren nichts für mich ist, da man stundenlang alleine vor dem Computer verbringt. Trotzdem habe ich in meinem früheren Job am Institut für Volkswirtschaftslehre an der JKU hauptsächlich am Supercomputer programmiert und riesige Datenmengen analysiert. Mittlerweile programmiere ich enorm gerne und mein Selbstbild in dem Bereich hat sich vollkommen geändert.

Natürlich macht man es sich einfach mit einem statischen Selbstbild, da man zum Beispiel bei einem 5er in Mathe nicht selbst schuld ist, sondern man kann es ja einfach nicht. Bei einem dynamischen Selbstbild bist du selbst für deinen 5er verantwortlich, da du nicht genug Zeit investiert hast, weißt aber wenigstens, dass du es mit harter Arbeit beim nächsten Mal schaffen wirst und du bei jedem Fehler lernst. Mach dir klar, dass du alles lernen kannst, wenn du es wirklich willst und bereit bist die Zeit dafür zu investieren.

Abschließend noch ein Zitat von Carol Dweck:

„Why waste time proving over and over how great you are, when you could be getting better?”

Wenn du auf der Suche nach neuen Büchern bist, kann ich dir diese Bücherliste empfehlen. Über eine Anmeldung zum Newsletter würde ich mich enorm freuen.


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